Der Unterschied zwischen „Das Richtige“ und „Das Richtige für mich“

„Das Richtige“ tun. Wer möchte das nicht? Natürlich will jeder „Das Richtige“ tun!

Es gibt nur ein Problem: Was ist eigentlich „richtig“? Ich bin der Meinung „Das Richtige“ gibt es nicht. Es gibt lediglich „Das Richtige für mich“. Genauso wenig gibt es Dinge, die „richtig“ sind, sondern nur Dinge, die „richtig für mich“ sind.

Leider findet die Unterscheidung zwischen „richtig“ und „richtig für mich“ im Alltag quasi nicht statt. Meist wird pauschal von „richtig“, „falsch“, „gut“ oder „böse gesprochen. Die Schuld daran trägt (unter Anderen) Platon.

Platons „Idee“

Platon hat das Reich der Ideen und damit eine objektive Weltsicht geschaffen. Grundannahme seiner Theorie ist, dass es „Ideen“ gibt. „Ideen“ existieren unabhängig von Gegenständen, sind abstrakt und nicht direkt wahrnehmbar. Zur Veranschaulichung möchte ich beispielhaft zeigen, wie die „Idee“ von „Das Große“ und die Bedeutung von „groß“ abgeleitet werden kann:

  1. Es gibt verschiedene Gegenstände, die wir als „groß“ bezeichnen z.B. Bäume und Berge
  2. Diese Dinge, Bäume und Berge, sind offensichtlich sehr unterschiedlich
  3. Obwohl Bäume und Berge so unterschiedlich sind, bezeichnen wir beide als „groß“ 
  4. Also muss es irgendetwas geben, das die Bezeichnung „groß“ rechtfertigt – etwas, an dem Bäume und Berge Anteil haben
  5. Dieses irgendetwas ist die „Idee“ von „Das Große“ 
  6. Gegenstände wie Bäume und Berge können umso mehr als „groß“, oder „größer“ bezeichnet werden, je mehr sie der „Idee“ von „Das Große“ entsprechen

Die Herleitung lässt sich auf jede Eigenschaft und übertragen. Alle Eigenschafts-Zuschreibungen basieren auf „Ideen“ an denen Gegenstände Anteil haben. Ob eine Handlung „richtig“ ist, hängt nach der dargestellten Theorie davon ab, wie sehr sie der „Idee“ von „Das Richtige“ entspricht.

 „Das Richtige“

Um zu wissen, was „richtig“ ist, muss die „Idee“ von „das Richtige“ bekannt sein. Wie findet man heraus was „Das Richtige“ ist? Diese Aufgabe übernehmen Religion und Wissenschaft. Sie versuchen festzustellen und allgemeingültig zu definieren, was „Das Richtige“ ist. 

Religion und Wissenschaft verfolgen das gleiche Ziel. Sie nutzen jedoch sehr unterschiedliche Methoden um „Das Richtige“ zu finden. Religionen verlassen sich auf Propheten und das Wort Gottes. Wissenschaft nutzt Experimente und Theoriearbeit. Beide bauen auf der Annahme auf, dass es „Das Richtige“ gibt. 

Wenn „Das Richtige“ gefunden wurde, ist das Ziel erreicht. Es gibt eine objektive Richtschnur, anhand derer sich feststellen lässt, ob etwas „richtig“ ist. Eine „Idee“ existiert außerhalb und unabhängig von Menschen. Damit ist „Das Richtige“ losgelöst von einzelnen Menschen und zeitlos feststellbar. „Das Richtige“ kann gelehrt und verbreitet werden. Es gibt einige Vorteile dieser Definition von „Das Richtige“, insbesondere dort, wo größere Gruppen von Menschen zusammenleben und arbeiten sollen.

„Das Richtige für mich“

Der Nachteil der Allgemeingültigkeit ist, dass sie mit Individualität nicht gut kombinierbar ist. Entweder bleibt „Das Richtige“ relativ abstrakt formuliert und lässt sich somit auf viele verschiedene Situationen und Personen anwenden. Diese Allgemeinheit hat den Nachteil, dass sie nur durch Mehrdeutigkeit so viele Situationen abdecken kann. Dadurch verliert sich die Richtschnur irgendwann selbst.

Wird „Das Richtige“ spezifischer für einzelne Situationen oder Personen formuliert, braucht es sehr viele Formulierungen, die sich auch widersprechen können. Damit löst sich entweder die Allgemeingültigkeit auf, oder es ist sehr viel kreative Argumentationsarbeit nötig, um die unterschiedlichen Ausprägungen von „Das Richtige“ wieder auf einen Nenner zu bekommen.

Für mich ergibt sich daraus der Schluss, dass es „Das Richtige“ im Sinne einer allgemeingültigen „Idee“ nicht geben kann. Auf dieser Basis lehne ich auch die Ideenlehre Platons ab. 

Ich denke „Das Richtige“ ist nur im gegenwärtigen Moment und in Abhängigkeit aller Umstände definierbar. Da sich keine Umstände exakt wiederholen können, kann „Das Richtige“ aus einer Situation nicht auf andere Situationen übertragen werden. Dieser Nicht-Übertragbarkeit von „Das Richtige“ auf andere Personen oder Situationen trage ich Rechnung indem ich sage, es gäbe nur „Das Richtige für mich“.

Da sich Umstände über die Zeit ändern, kann sich auch sehr schnell – manchmal sogar innerhalb von Sekunden ändern, was „richtig für mich“ ist. Die Freiheit heute das „richtig“ zu finden, was ich gestern „falsch“ fand, weil sich die Situation geändert hat, halte ich für einen Schlüssel zu einem glücklichen Leben. 

Wer „Das Richtige“ tun möchte, sollte also auch akzeptieren können, dass es für Andere, oder morgen schon „Das Falsche“ ist.

Ein Kommentar zu “Der Unterschied zwischen „Das Richtige“ und „Das Richtige für mich“

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